Familie ist sowohl in der Vergangenheit als auch heute die zentrale Agentur für intergenerationale Vermögenstransfers und damit für die Perpetuierung sozialer Ungleichheit. Trotz dieser grundlegenden strukturellen Bedeutung von Erbpraktiken für die Gesellschaft ist die Praxis der familialen Vermögensweitergabe, insbesondere für den ländlichen Raum, zeitgeschichtlich bislang nur in Ansätzen empirisch erforscht worden.
Das Projekt hat daher Pioniercharakter und leistet einen wichtigen Beitrag zur Familien- und Verwandtschaftsforschung. Zudem vertieft es das Wissen über die Bedeutung von Vermögen als facettenreiche familiale Ressource, die Einsichten in gesellschaftliche Transformationsprozesse gewährt.
Das erste Ziel des Projekts besteht darin, einen exemplarischen Überblick über Erbpraktiken in Bayern seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu gewinnen. Das zweite Ziel des Projekts ist es, die Bedeutung von Erbschaften für Familien und ihren Umgang damit in intergenerationaler Perspektive zu analysieren. Dafür verknüpft das Projekt quantitative mit qualitativen Methoden. In bayerischen Staatsarchiven in der Oberpfalz und in Oberbayern werden Nachlassakten jeweils eines Amtsgerichts für die Jahre 1936, 1954 und 1972 ausgewertet. Um Zugänge zu emotionalen Dimensionen von Erbschaften zu erreichen, werden zudem leitfadengestützte Oral-History-Interviews durchgeführt.